DocMorris versus Shop Apotheke

Der Markt der Online-Apotheken stand in der letzten Zeit nicht unbedingt im Mittelpunkt des medialen Interesses. Dennoch ist die aktuelle Entwicklung recht spannend.

Viele dachten in der Vergangenheit bei Online-Apotheken erst einmal nur an DocMorris. Das lag nicht zuletzt an den öffentlichkeitswirksamen Gerichtsprozessen des Versenders, der im Jahr 2000 von Jaques Waterval und Ralf Däinghaus als 0800DocMorris in den Niederlanden gegründet worden war. Damals galt hierzulande noch ein Verbot des Arzneimittelversandhandels, gegen das DocMorris mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof vorging, die zu einer Gesetzesänderung in Deutschland führte. Der Prozess verursachte zwar Gerichtskosten, zahlte aber auch massiv auf die eigene Bekanntheit ein. Letzteres galt ebenso für den nachfolgenden Gerichtsstreit, bei dem es um das Fremdbesitzverbot von Apotheken ging. Dieser wurde jedoch verloren, was dazu führte, dass DocMorris bei seinen stationären Apotheken auf ein Franchisesystem umschwenken musste. Und dies wiederum bedingte, dass die Company, die zwischenzeitlich zu 100 Prozent zum Pharma-Großhändler Celesio gehört hatte, diesem nicht mehr interessant erschien und 2012 für 25 Millionen Euro an die Zur Rose Group weiterverkauft wurde, einem 1993 gegründeten Schweizer Pharma-Großhändler, der ebenfalls schon seit 2001 eine Versandapotheke betrieb.

Inzwischen gelingt es allerdings kaum noch, über Gerichtsverfahren die eigene Bekanntheit zu steigern. Das kürzlich erfolgte Urteil zur Unzulässigkeit von Arzneimittelautomaten fand relativ wenig Beachtung und parallel gewinnen Wettbewerber von DocMorris zunehmend an Sichtbarkeit – allen voran das Unternehmen Shop Apotheke Europa. Die Seite shop-apotheke.com, im Januar 2002 als Online-Shop der Kölner Stadtapotheke live gegangen (zunächst wegen des Versandverbots für Arzneimittel vor allem mit Kosmetikprodukten und Nahrungsergänzungsmitteln), war 2010 von der niederländischen Europa Apotheek Venlo übernommen worden, bevor es zu einem Management-Buy-Out und 2016 zum Börsengang kam.

Aber nicht bei der Bekanntheit, sondern auch bei den Marktanteilen hat die Shop Apotheke gut gewirtschaftet und tüchtig zugelegt. Zwar liegt der Umsatz der Zur Rose Group für 2019 noch bei 1,6 Milliarden Franken (davon fast eine Milliarde in Deutschland) gegenüber den 700 Millionen Euro der Shop Apotheke Europa im selben Jahr, die Börse bewertet den Abstand allerdings schon wesentlich geringer: Natürlich haben beide Unternehmen von der Corona-Krise profitiert. Aber der Kurs der Shop Apotheken-Aktie hat sich vom 28. Februar bis zum 25. August (aufgrund sehr guter Bilanzzahlen) von 44 Euro auf 159 Euro mehr als verdreifacht, während die Zur Rose-Aktie „nur“ von 112 auf 247 Franken zulegte. Damit ist die Marktkapitalisierung der beiden fast gleichauf (bei jeweils rund 2,4 Milliarden Euro). Dabei hatten die Schweizer sogar noch kräftig in die Marktbereinigung investiert und zugekauft: 2018 verleibten sie sich Apo-Rot (damals Nummer 7 der deutschen Versandapotheken) und Medpex (ehemals Nummer 4) ein und 2020 folgte Apotal (die ehemalige Nummer 5). (Auf der anderen Seite fusionierte Shop Apotheke 2017 mit der ehemaligen Muttergesellschaft – und seinerzeitigen Nummer 3 im Markt – der Europa Apotheek Venlo. Im Unterschied zum bisherigen Vorgehen der Zur Rose Group wird die Europa-Webseite nicht separat weiterbetrieben, sondern ist in der stärkeren Marke Shop Apotheke aufgegangen.)

So gesehen wäre die Ausgangslage für den Kampf um die Marktführerschaft der Online-Apotheken also schon spannend genug. Nun kommt noch hinzu, dass die Bundesregierung die flächendeckende Einführung des elektronischen Rezepts beschlossen hat. Die Onlinebestellung auf Rezept wird damit deutlich einfacher und der Kuchen für die Versender entsprechend größer. Zur Rose-Chef Walter Oberhänsli rechnet damit, dass der Anteil des Onlinehandel am Markt für verschreibungspflichtige Medikamente von aktuell 1,3 Prozent dadurch schnell auf zehn Prozent steigen könne. Und dann ist da natürlich noch die Frage, wie sich der Generalist Amazon bei diesem Thema positioniert …

 

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